Samstag, 30. April 2011

Tanz in den Mai und Verlosung

Der großartige Stefan Maelck hat uns in seine MDR-Sendung "Figaro" eingeladen und das "Kassettendeck" vorgestellt und hier geht es zum Beitrag.



Bevor wir gleich im Duisburger Steinbruch ab 21 Uhr mit dem "Kassettendeck" in den 1. Mai tanzen, müssen wir noch einmal nachträglich gratulieren: Vor wenigen Wochen ist das legendäre NME-Mixtape "c86" 25 Jahre alt geworden. Anlässlich dieses Ehrentages erlauben wir uns, einen kleinen Ausschnitt aus unserm Buch an dieser Stelle zu zitieren:

Nachdem es bei Musikzeitschriften schon ein paar Jahre lang üblich war, die Hefte mit Audiobeilagen (Flexi-Disc!) aufzuwerten, konnten die Leser des New Musical Express 1981 per Mailorder ein Tape mit dem Namen »C81« erwerben, die anlässlich des fünfjährigen Jubiläums des Plattenlabels Rough Trade zusammengestellt wurde. Das C stand für „cassette“, 81 fürs Erscheinungsjahr. Die Kassette enthielt 25 Songs, unter anderem von den Buzzcocks, DAF und den Virgin Prunes; innerhalb eines Monats wurden 15000 Exemplare versendet. 

Es war die erste Kassettenveröffentlichung des NME – fünf Jahre später die inzwischen noch weitaus legendärere C86, auf der nur Bands unabhängiger, englischer Indie-Label auftauchten: Factory Records aus Manchester waren dabei, die Bands wie Joy Division und New Order unter Vertrag hatten; Creation, die Primal Scream (und später auch Oasis) eine Heimat boten; Rough Trade, wo The Smiths veröffentlichten. »Die Aufnahmen waren fürchterlich produziert«, erinnerte sich Manic Street Preacher Nicky Wire vor einiger Zeit in einem Interview. »Aber das Ganze hörte sich menschlich an.« Es war die Geburtsstunde des britischen Indie-Sound-Phänomens. Und spätestens, als Rough Trade die Compilation als Platte herausbrachte, schwappte das Phänomen über den Kanal auch nach Deutschland, wo auch immer mehr Bands ihre Musik auf eigene Faust verbreiteten.



Das bekannteste deutsche Label entstand in Bad Salzuflen und hieß Fast Weltweit: Die Freunde Bernd Begemann, Frank Spilker und Jochen Distelmeyer legten in Ostwestfalen den Hamburger Schule-Grundstein. 
Der geniale Einfall des NME, mit der C86-Kassette eine scheinbar homogene Szene abzubilden – und damit eigentlich erst zu kreieren –, machte das Magazin zum großen Gewinner. Fortan galt, was der NME als Kompetenzindikator zu sagen hatte, bis hinein in die Neunziger, als Indie-Pop zu Brit-Pop wurde und im Klassenkampf zwischen den eher proletarischen Oasis und den intellektuell besser gestellten Blur gipfelte. 
Vor C86 beschrieb Indie-Pop eine Selbstverwirklichung, die sich gegen den (Mainstream-)Markt richtete und aus einer Anti-Haltung – Anti-Atomkraft, Anti-Autorität, Anti-Pershing II – heraus funktionierte. Erst mit der Veröffentlichung der Mixkassette erkannten die großen Plattenfirmen das Potenzial der Indie-Fraktion. Sie begannen, Genre-Bands zu signen, ohne deren Image oder Sound glatt, respektive auf den Hitparaden-Markt hin zu bürsten.

Mit den Major-Companies erreichten die Bands ein größeres Publikum. Und Indie-Pop öffnete sich, musste sich öffnen, um die Massen neuer Fans zu hysterisieren. Von Sixties- bis Darkwave-Anleihen und dem obligatorischen Brückenschlag in die Clubs wurde alles aufgeboten, ausgelotet, gemischt und gepresst - wobei Primal Scream der Spagat zwischen Diskurs- und Tanzfläche am eindrucksvollsten gelang: all das wäre ohne die C86-Kassette niemals passiert.
A graphic design featuring cassettes by Denise FrankeUnd so weiter - wir wollen das nicht in so genannter "epischer Breite" behandeln, dafür ist währenddessen zu viel passiert. Dazu gehören interessante Begegnungen wie vergangene Woche Sonntag im Berliner Comet, als der charmante DW World-Moderator Gavin Blackburn unsere Lesung beehrte und Christian Vorbau und mich zum allerersten englischen Kassettendeck-Interview überredete.

New German book pays tribute to the defunct but iconic cassette

It hasn't been all that long since cassettes lined car dashboards everywhere, but a wealth of new digital formats quickly relegated the cassette to a forgotten corner of history. Can they make a retro comeback?

Es werden noch ein paar Dinge folgen und es freut uns sehr, dass der Eichborn-Verlag eine neue Auflage angekündigt hat und wir deshalb mit Rückenwind in den zweiten Tour-Part starten.


Außerdem haben wir das unverschämte Glück, von Lovelybooks präsentiert zu werden - bis zum 5. Mai verlosen wir an dieser Stelle 25 "Kassettendeck"-Exemplare für alle, die hinterher bei einer so genannten Testleser-Runde aktiv werden wollen. Schaut es Euch an: Es ist eine gute Seite und wer gern Literatur für lau abstauben will (nicht nur unser Buch) ist an dieser Stelle des Netzes absolut richtig.

Ich bereite mich nun ein bisschen vor - Duisburg wartet und was ansonsten passierte, auf unserer Tour, folgt dann im kommenden Blog-Eintrag, unter anderem mit einem illegalen Bauplatz-Osterfeuer, drei enttäuschten Französinnen, Peter Stamm und dem Countdown zur großen "Kassettendeck"-Gala am 13. Mai im Wuppertaler "Beatz & Kekse". Bis dahin. (jan)

Freitag, 8. April 2011

BAMS, Glotze, Nuttenkram

Bevor wir gleich Richtung Lüdenscheid abfahren und die "Alte Druckerei" beim "Kassettendeck"-Abend abbrennen, möchten wir halbeigennützig auf "Cassettes Delight" hinweisen. In diesem Blog gibt es den Beweis: Mit der Kassette kann man Scratchen:
Außerdem findet man bei "Cassettes Delight":
 Kassettenlampen
 Kassettensessel
 Kassetten-MP3-Player
 Kassettenkunst
... und ein Video aus dem leider geschlossenen Leipziger Laden "Die Kassette", der in unserem Buch noch einmal zum Leben erweckt wurde. Wir erinnern uns gern an den Frühlingstag während der Buchmesse 2010, als wir mit "Vorn"-Autor Andreas Bernard und "Die Kassette"-Gründer Jacob Schneikart gemeinsam über Mixtapes sprachen. Ein Auszug aus unserem "Kassettendeck":


»Das ist natürlich ein wichtiger Moment, wenn du ein Mixtape für eine Frau machst, also für deine Freundin, die du schon lange kennst, und wenn du dich plötzlich in eine andere verliebst, und das Mixtape sozusagen weiterführst, für die andere, dann ist das natürlich der größtmögliche Verrat, den es gibt«, sagt Andreas Bernard. »Ich habe gerade eine Frau getroffen vor ein paar Tagen, die hat so eine ähnliche Geschichte erlebt. Sie hat mir erzählt, ihr Freund war Radio-DJ und hat ihr immer Lieder in der Sendung gewidmet. Es war ein kodierter Brief sozusagen, eine Geheimbotschaft. Eines Nachmittags tauchten aber ganz komische Songs auf, die nichts mit ihr zu tun hatten. Und da wusste sie, mein Freund hat eine andere.«
Wenn man eine neue Frau kennen lernt, dann erzählt man in den ersten Wochen oft die gleichen Meilensteine seiner Biografie. »Man ist von sich selber ein bisschen angeödet, weil man Episoden rausholt, die man schon anderen erzählt hat«, sagt Andreas Bernard. »Und im Mixtape materialisiert sich das ein bisschen, weil man sich ertappt fühlt, wenn man schon zum vierten Mal die gleichen Lieder aufnimmt.« Ab dem fünften Mal sollte man seine Beziehungsfähigkeit durchaus überprüfen.


Und hier gibt es ein Video zum Geschäft:



Apropos Geschäft; Bis zur SPIEGEL-Bestsellerliste robben wir uns durch alternative Buchcharts - Sonntag gab es eine BAMS-Platzierung, in der dortigen Top Ten zwischen Busenkunst, Frühlingssex, Kurt Krömer ("Kurz und gut") und Alex Capus' "epischer Liebesgeschichte". 
Wenn's nicht groovt, darf man gern vorspulen, zum Beispiel in die Fernseh-Hochkultur von "3Sat-Kulturzeit", zum "Zuckerkick",  oder gleich weiter zum Schlagwort "Tiermalbuch mit Text". Man muss selbstironisch leben... (jan)

Dienstag, 5. April 2011

Alle Kraft dem Fünfjahresplan

Das Atomino in Chemnitz ist allein deshalb einer der schönsten Orte Sachsens, weil am Samstagabend unsere "Kassettendeck"-Gäste ohne Pause getanzt haben und alle, wirklich alle auf die Frage "trinkste einen Schnaps mit?" genickt haben - gut, es gab dann auch zwei, drei Damen, die hinterher in die WC-Schüssel nicken mussten, aber in Durchschnitt hatten wir alle jede Menge Spass. Und wenn Christian irgendwann nicht aufpasst, zocke ich ihm den "Lisztomania"-Remix, der zirka um halb sechs Uhr morgens über die absolut besoffene Tanzfläche schallte (siehe unten).
Eingeladen hatte Randy Fischer, der Christian Vorbaus "King Kong Kicks" seit langer Zeit eine sächsische Heimat gibt und ansonsten Hit-Helden wie Kraftklub ("Schlagerstars"), Olli Schulz, Werle & Stankowski, Deep-House-Autor Hans Nieswandt (den Ihr auch im "Kassettendeck" findet) oder auch dem lieben Soulrabbi Bühne, Fans und den besten Beamer Ostens zur Verfügung stellt. Kurz gesagt: Wir fühlten uns wohl, lag auch am Bier und seit 45rpm-Zeiten hat mich keiner nachts um zwei gefragt, wie ich denn zum neuen Buch von Houellebecq stehe (aber Randy hat auch über "Judith Hermann" sein Germnanistikstudium abgeschlossen - der darf das). PS: Den Titel, den wir suchten, war "Alice".
mehr Bilder von der "Kassettendeck"-Party in Chemnitz gibt es hier.

Wenige Stunden vor dem Auftritt gab es Widrigkeiten zu bestehen - denn im IC nach Leipzig fiel mir auf, dass ein ablenkendes Accessoire zum Bühnenoutfit fehlt. Ich wollte zwei große Pflastern auf meiner Stirn unsichtbar werden lassen - was in meinem Alter mit de guten Zaubertrick am besten funktioniert: Hier sieht es spannend AUS, doch da geht es tatsächlich AB. Was war geschehen? Nun, nur so viel: Man sollte sich nicht (NIEMALS!) betrunken am Kopf kratzen. Rutscht man ab, so wie ich, dann kann es passieren, dass man einen Augenblick später Haut unter den Fingernägeln und eine blutige Wunde am Kopf hat. Jod, Kamille, Makeup, Hansaplast, so war der Plan für Chemnitz- und ein Hemd überm braunen Poloshirt, was angemessen scheiße, also auch cool wirken sollte. Lagerfeld ist nie mein zweiter Nachname gewesen...

Also hin, in Leizig, zum einzig wahren Skater-Platten-Laden in Bahnhofsnähe: "Freezone" heisst der, was irgendwie erinnert an das Gegenteil von Berliner Mauer bzw. der DDR-Grenze, die ich kurz zuvor bei Helmstedt passierte. Mich erinnern diese Shops immer an den quasi-legendären Skatershop "G-Point" in Wuppertal und an die Anzeige, die ich von denen vor ca. 15 Jahren in die "Else Lasker"-Schülerzeitung hob (drei Mangagirls, nackt, Lara Cloft-Style goes Hustler usw.), womit diese Ausgabe auch Einzigartigerweise wegen Pornographie von der Schulleitung verboten worden ist.

(von vorn nach hintern: Erik, Claudia, Flo)


In Laden angekommen, kurz erklärt, was gebraucht wird, konterte Claudia sekundenschnell: "Du brauchst kein Hemd, ist eh zu warm", dann schaute sie auf meine Stirn, "was Du brauchst, ist 'ne Kappe." Ich sag nur: 19,95 (sehr literarischer Preis, erinnert mich an Frédéric Beigbeder, das gemeinte Buch heisst sowieso in jedem Land anders). Mit Kappe auf dem Kopf und neuen Plänen stieg ich dann in den RE:
Alle Kraft dem Fünfjahresplan!


Ankunft am Bahnhof Chemnitz: Aufbau oder Abbau Ost?

Mehr gibt es die Tage. Derweil: Die ersten Amazon-Rezensionen gibt es hier und wir sammeln weiter - in der "Kulturzeit" von 3Sat zum Beispiel oder auch  mit einem schönen Text, denn Miss.Gunst, eine der Heldinnen unseres "Kassettendeck"-Buchs gerade im Homemade-Labor-Blog veröffentlicht hat. Es wird, es wird - die erste Auflage ist nun verkauft, die zweite kommt schon jetzt: mit einer Überraschung. Aber dazu später mehr. Wir sehen uns am Freitag, in der "Alten Druckerei". (jan)